Zur Situation in Italien und Ventimiglia

Auf die steigenden Migrationsbewegungen im Jahr 2023 nach Italien reagierte der Staat im Jahr 2023 mit verschiedenen repressiven Maßnahmen. Seenotrettungsorganisationen werden verstärkt in ihrer Arbeit eingeschränkt und ein „Migrationsnotstand“ ausgerufen, der potenziell zu einem notfallorientierten Migrationsmanagement statt zu langfristigen Perspektiven für people on the move in Italien und Europa führt. So sollen zum Beispiel mehr Aufnahmezentren gebaut werden, die jedoch für ihre schlechten Bedingungen und Menschenrechtsverletzungen berüchtigt sind. Weiterhin wurde im Mai 2023 der „besondere Schutzstatus“ für Geflüchtete in Italien massiv eingeschränkt, was Unterbringung und Arbeitserlaubnisse stark erschwert. People on the move können leichter interniert werden. Im Juli schloss die EU mit starker Unterstützung von Italien einen 105-Millionen-Euro-Deal ab. Tunesien soll die Seegrenzen besser schützen, irreguläre Migrations-Netzwerke bekämpfen und tunesische Geflüchtete zurücknehmen. Im Gegenzug wird Tunesien von der EU wirtschaftlich unterstützt und das Geld in die technische und personelle Aufrüstung der Grenze investiert.
Die starken Repressionen und die seit 2022 steigenden Migrationsbewegungen machen sich auch in Ventimiglia bemerkbar. So kommen derzeit 200 Menschen pro Tag dort an, darunter vor allem sudanesische und eritreische Geflüchtete. Circa 80 Menschen werden derzeit pro Tag von Frankreich nach Italien gepushbacked. So stecken viele von ihnen in Ventimiglia fest und sind gezwungen auf der Straße zu leben. Es gibt nur sehr wenige Möglichkeiten zum Unterkommen über Nacht und keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen. So halten sich people on the move (POM) oft am Friedhof oder vor dem Stadttheater auf, gerade nachts. Ventimiglia wird vom Bürgermeister Flavio Di Muro der rechten Lega Nord regiert. Dementsprechend ist auch die Einstellung der Bevölkerung. Es gibt wenig Solidarität und es wird gegen POM repressiv und brutal vorgegangen. Der Bürgermeister engagierte einen bewaffneten Sicherheitsdienst zur Überwachung der zentralen Plätze mit Ausgaben von 30000€ und es soll verstärkte Videoüberwachung geben. In öffentlichen Parks und der Innenstadt soll es verstärkte Polizeipräsenz und Kontrollen geben. POM sind zudem stetigen Angriffen von sogenannten Bürgerwehren ausgesetzt. In der nächstgrößeren Stadt Imperia soll es Videoüberwachung im Stadtgebiet und dauerhafte Polizeipräsenz in der Notaufnahme geben, falls POM diese vermehrt aufsuchen. Am 09.08. wurden überall in Italien Mitglieder einer Gruppe, die mutmaßlich Menschen bei der irregulären Migration vor allem nach Frankreich unterstützen, festgenommen, auch in Ventimiglia. Die steigende Polizeipräsenz, Überwachung und Repression lässt auch die Erschwerung von solidarischer Arbeit erwarten.

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