Gedanken eines Menschen zur Öffentlichkeitsarbeit
Wie kann Öffentlichkeitsarbeit zum Leben und Sterben auf den Fluchtrouten Europas aussehen? Und der Arbeit zur Unterstützung der Menschen, die auf sie angewiesen sind?
Braucht es noch mehr Bilder von Armut und Prekarität auf der Straße, vom Ausharren auf eine Gelegenheit zum nächsten Grenzübertritt? Von Momenten der Freude in dieser Situation, in der es an so vielem mangelt, auch an Selbstbestimmtheit?
Wir werden täglich überflutet von Nachrichten und Bildern aus vielen Regionen der Welt und Bilder von dem, was wir hier sehen sind uns aus den Medien vertraut. Wir wissen um die menschenverachtenden Resultate eines globalisierten Kapitalismus. Was ist zu erwarten in einer Welt, in der alles am Profit orientiert ist und große Unternehmen immer weiter wachsen müssen, um selbst nicht unterzugehen?
An keiner Stelle geht es darum, ein gutes Leben für alle zu organisieren, entlang der Bedürfnisse aller Menschen zu produzieren. Und an der Grenze hier in Ventimiglia treffen wir auf Menschen, die ihre zugewiesene Rolle eines Lebens in Armut und Unsicherheit nicht mehr hinnehmen wollen und denen die europäischen Nationalstaaten mit Hilfe von Polizei und Militär gewaltsam entgegentreten.
Ändern Bilder oder ein moralischer Aufschrei etwas daran?
Bilder können Menschen aus dem globalen Norden, die vom Kapitalismus an vielen Stellen noch profitieren oder es zumindest schaffen, sich das einzureden, etwas vor Augen halten: zwingen dort hinzusehen, was sonst im Alltag leicht ausgeblendet wird. Aber unsere Gewöhnung an Bilder von Armut und Gewalt sind groß, sie können viele von uns nicht mehr bewegen. Und selbst wenn sie es tun, zu was führt das? Einem schlechten Gewissen? Wohltätigkeit? Spenden an Gruppen, wie unsere? An andere Organisationen, die humanitäre Hilfe leisten? Humanitäre Hilfe kann einige Symptome der Verwerfungen kapitalistischer Gesellschaften lindern, aber an ihren Ursachen ändern sie nichts. Es gibt dadurch nicht weniger Menschen, denen die Basis für ein Leben mit erfüllten Grundbedürfnissen zerstört wird.
Wir müssen unsere Beziehungen zu einander und in unseren Gesellschaften grundsätzlich neu denken. Solange wir weiter machen in dem Trott der Lohnarbeit, unser Leben über Geld organisieren und hinnehmen, dass Leben, Arbeitskraft oder Ideen einiger Menschen mehr Wert sind, als die anderer, wird sich nichts ändern!
Was uns der Kapitalismus auch nimmt, ist unsere Vorstellungskraft. Unsere Vorstellungskraft davon, dass Leben auch anders sein könnte.
Lasst uns gemeinsam weiter Streben nach einem besseren Leben für alle Menschen!